Bericht von der Diakoniehauptversammlung
- Diakonie
Kleiner Einblick in einen der Themenschwerpunkte der Mitgliederversammlung des Diakonischen Werkes Bayern 20. Oktober 2016 im Heilig-Geist-Saal, Nürnberg Bericht der Diakoniebeauftragten der Kirchengemeinde Petersaurach, Claudia Schröder', '
Thema: „Leben bis zuletzt. Sterben in Würde. PalliativCare als große Gemeinschaftsaufgabe.“
Ansprache von Alois Glück, Vorsitzender des „Netzwerkes Hospiz Südostbayern“, ehem. Präsident des Zentralkomittes der deutschen Katholiken.
Zuerst fragt Herr Glück in den Raum: „Wo möchten Sie gerne sterben?“ Es gibt eine neue Statistik der DAK, dort sieht man sehr gut, wie Wunsch und Wirklichkeit auseinandertriften. Demnach möchten 60 % der Menschen zu Hause sterben, 2 % im Pflegeheim, 4 % im Krankenhaus. Wirklichkeit sterben 32 % zu Hause, 22 % im Pflegeheim und 40 % im Krankenhaus.
Er geht auch auf die vergangene Debatte über die Sterbehilfe im Bundestag ein. Nach einer Umfrage sind 70 % der Menschen in Deutschland gegen eine Lösung wie in Holland. Dort gibt es eine dramatische gesellschaftsliche Entwicklung. „Der Suzid als Alternative zur Pflege?“ Wenn man das nicht will, dann muss die Gesellschaft aber auch bereit sein, entsprechende Mittel für die Bezahlung eines würdevollen Sterbens bereitszustellen. Die wichtigste Orientierung, die wir hier haben, ist Art. 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“.
Herr Glück stellt sehr anschaulich die nötigen Strukturen dar, die für eine gute Versorgung von Palliativpatienten erforderlich sind. In seinem Heimatlandkreis ist dies bereits gut gelungen, dank einer vorbildlichen Vernetzung der stationären und ambulanten Pflege, der Krankenhäuser und Hausärzte, der Apotheken, Physiologen, Psychologen und Seelsorger und der Hospizvereine. In diesem Gebiet wurde eine paliative Versorgung aus der Taufe gehoben, die Beispiel für viele andere Landkreise sein könnte. Mittels einer Stiftung konnten hier Gelder aufgeboten werden, die den Aufbau einer „Speziellen Ambulanten-Palliativ-Versorgung (SAPV) möglich machten.
Sein Lösungsvorschlag zur besseren Versorgung von Palliativpatienten: Es braucht regionale Initiatoren und eine engagierte Bürgerschaft. Den Politikern muss klar gemacht werden, dass eine Hospiz- und Palliativversorgung genauso zur Daseinsvorsorge gehört, wie Krankenhausbetten und Hausärzte. Der Bundestag hat die gesetzlichen Grundlagen geschafften (seit 2009 hat jeder Patient Anspruch darauf) und muss nun die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, um die Landespolitik und die Kommunalpolitik in ihrem Vorhaben entsprechend zu unterstützen.
Wenn man wie ich beruflich in der ambulanten Altenpflege unterwegs ist und ehrenamtlich im Hospizverein Neuendettelsau-Windsbach mitarbeitet, interssiert einen dieses Thema natürlich brennend. Deshalb war es für mich ein Höhepunkt dieser Versammlung, Herrn Glück persönlich zu erleben, wie er dieses Thema einbringt. Er ist auch ein Betroffener, als Vater eines schwerbehinderten Sohnes weiß er sehr wohl um die Lücken und Nöte unseres Gesundheitssystems. Sehr ernst schildert er die Situation seiner im Sterben liegenden Nachbarin, die durch die Hilfe der SAPV in der Geborgenheit ihrer Häuslichkeit versterben konnte und nicht am Schluss in eine stationäre Einrichtung verlegt werden musste. Sein Schlüsselerlebnis im Gespräch mit Angehörigen war der Satz: „Das ist das Allerwichtigste, zu wissen, ich kann Tag und Nacht anrufen beim SAPV-Team. Es ist immer Jemand das.“ Außerdem wird immer ein Notfallplan mit dem Patienten, den Zugehörigen und dem SAPV-Team ausgearbeitet. Das gibt allen Beteiligten Sicherheit in diesem sensiblen Lebensabschnitt.
Durch seine Bekanntschaft mit Dr. Borasio, einem der „Väter“ der Palliativ-Medizin in Deutschland und seiner privaten Betroffenheit, spricht er mit hoher Kompetenz über dieses oft in jeder Hinsicht schwierige Thema.
Sein Fazit ist: Politik, Träge, Kirche haben eine Bringschuld. Sie sind den Patienten verpflichtet, die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen.
Wichtig sind Beispiele und Information der Öffentlichkeit über die Problematik. (Diesen Auftragt versuche ich mit diesem Artikel zu erfüllen).
Ein Satz von Herrn Glück muss hier noch zitiert werden: „Ich bin glücklich über die Zusammenarbeit beider Kirchen im Reformationsjahr. Z.B. die gemeinsame Reise von Landesbischof Bedford-Strohm und Herrn Kardinal Marx nach Israel.“ Der Diakoniepräsident Bammessel sieht es als gemeinsame Aufgabe beider Kirchen, die Bedingungen der Sterbenden zu verbessern.
Im Landkreis Ansbach haben wir bereits eine gut organisierte Palliativversorgung. Im Krankenhaus Ansbach gibt es eine Palliativstation sowie ein SAPV-Team. Im DisMedZentrum Neuendettelsau ist ebenfalls eine Palliativeinheit. Die Hospizvereine im Landkreis Ansbach leisten ehrenamtlich die Begleitung der Patienten in den Altenheimen, im Kankenhaus und im Zuhause. Für die Ausbildung der Hospizbegleiter sind sie ebenfalls verantwortlich. Die nächsten stationären Hospize sind allerdings erst in Nürnberg, Ellwangen und Erlangen zu finden. Hier wäre zu wünschen, dass in unserem großflächigen Landkreis in den nächsten Jahren ein Hospiz entstehen würde.
Erklärung der Abkürzungen und Fachbegriffe:
Pallium lat., der Mantel, palliare, lat., mit dem Mantel bedecken, umkleiden palliative, engl. Heilung ist nicht möglich, aber Linderung palliative care, aus dem Englischen, wie Fürsorge tragen, mithelfen, untestützen. Es läßt sich nicht identisch ins Deutsche übersetzen.
10 % der Sterbenden brauchen PalliativCare
Palliativ-Pflege
- umfasst den ganzen Menschen, Körper, Geist, Seele und soziales Umfeld
- Wahrnehmung des Menschen mit seiner Biographie, seinen Wünschen und Emotionen, Wahrung seiner Würde bis zuletzt, auch nach dem Eintritt des Todes
- widerspricht der Aussage: „Man kann nichts mehr für Sie tun.“
- kompetente Umsetzung der ärztlichen Anordnungen
- Wissen und Fertigkeiten anwenden bei belasteten Smphonen wie z.B. Schmerzen, Atemnot, Übelkeit, Erbrechen, Ernährungs- und Verdauungsproblemen, Juckreiz, Lymphödeme (Stauungen und Einlagerung von Lymphflüssigkeit)
Palliativ-Medizin - die Grundlagen:
- Linderung von Beschwerden steht im Vordergrund. Verbesserung oder möglichst erhalten von Lebensqualität
- Therapieziel-Änderung (z.B. parenterale Ernährung absetzen), Patientenverfügung besprechen und einhalten
- Kennenlernen der Bezugspersonen, diese werden begleitet, Beteuungseinheit: Patient, Zugehörige, Arzt, Pflege
- Begleitung und Beratung in der Krankheitsbewältigung während der Sterbephase und in der Trauerzeit
in tegriert die physischen, spirituellen und sozialen Bedürfnisse - high person (menschliche Kompetenz), low-technology Ansatz (keine „Apparate“Medizin
SAPV - spezialisierte ambulante Palliativ-Versorgung. Zu diesem Team gehören aufgrund der vorgenannten Aufgaben: Palliativarzt, Apotheke, ambulante Pflegekräfte mit Palliativcare Ausbildung, Hospizverein, Psychologen, Physiologen, Seelsorger und Sanitätshaus. Die SAPV ist meistens am Krankenhaus angegliedert, es muss immer ein Arzt und eine Pflegekraft in 24Std. Bereitschaft sein. Macht vorwiegend Behandlungspflege, z.B.: aufwändige Wundversorgung, Schmerzpumpe, parenterale Ernährung. Neu ist, das SAPV Team darf auch in die Heime und dort die Bewohner versorgen.
AAPV - Allgemeine ambulante Palliativ-Versogrung wird von den ambulanten Pflegediensten (z.B. Diakoniestationen, private Pflegedienste) bereits gemacht. Vorwiegend Leistungen der Grundpflege. Problematisch ist in der Praxis, dass man den Mehrbedarf an Zeit nicht abrechnen kann. Ein Palliativpatient und seine Zugehörigen brauchen een mehr Zuwendung und einfühlsame Pflege, oft sind kreative Lösungen vor Ort nötig. Der Ausweg sind momentan Einzelfallregelungen mit jeder Krankenkasse extra, was mit einer sehr aufwändigen Bürokratie verbunden ist.
Hospiz - stationäres Haus für Patienten, die an einer unheilbaren, schnell fortschreitenden Erkrankung,z.B. Krebs, Aids, ALS neuromuskuläre Erkrankung leiden. Sie verbingen ihre letzten Tage bis zu Tod im Hospiz. Von der Kranken- und Pflegekasse werden die Kosten übernommen. Für 10 % der Kosten müssen die Träger der Einrichtung aufkommen. (Haus Xenia, Nürnberg hat 12 Betten).
Hospizvereine - ehrenamtliche Begleitung sterbender Menschen und ihrer Zugehörigen in stationären Einrichtungen (Alten- und Behindertenheime, Palliativstationen) und zu Hause.
- bilden Begleitende aus, machen Öffentlichkeitsarbeit, beraten zu Vollmacht und Patientenverfügung, Palliativberatung Betroffener und Zugehöriger,
- machen Trauerbegleitung,
- vernetzen professionelle und ehrenamtliche Hilfsangebote,
- sind kostenlos für Betroffene,
- sind auf Spenden angewiesen.
Claudia Schröder

